Freitag, 11. Juli 2025

23190-23199

daz man ir dinges neme war

nâch volleclichen êren.

man kunde ir fröude mêren

mit wunneclichen dingen.

Prîant der hiez ir singen,

tambûren, harpfen, gîgen.

der tac begunde ir sîgen

enwec ân allez sorgen.

und dô der ander morgen

schôn unde wunneclîche erschein,


um sie, 

sodass ihr alles erdenkliche Ansehen zuteil wurde.

Mit angenehmen Dingen

wusste man, ihre Freude zu mehren.

Priamus befahl, für sie zu singen,

die Handtrommel zu schlagen sowie Harfe und Geigen zu spielen.

Der Tag ging für sie zuende

ohne jede Sorge.

Und als der nächste Morgen

schön und angenehm anbrach,

Donnerstag, 10. Juli 2025

23180-23189

ir wart gegeben hantgift

von manger hande krâme dô,

wan die burgære wâren frô,

daz in diu sælde was geschehen,

daz si die clâren solten sehen,

diu glanz für alle frouwen schein,

alsam ein lieht karfunkelstein

ûz kiselingen schînet.

man hete sich gepînet

dar ûf mit hôhem flîze gar,


Sie erhielt zahlreiche 

gekaufte Geschenke,

denn die Bürger waren froh,

dass ihnen das Heil zuteil wurde,

dass sie die Schöne sehen durften,

deren Glanz alle Damen überstrahlte,

so wie inmitten von Kieselsteinen

ein heller Edelstein erstrahlt.

Man kümmerte sich mit großem Aufwand

und großer Mühe

Mittwoch, 9. Juli 2025

23170-23179

sô rîlîch eine frouwen hêr,

als Helenâ ze Troie wart

enpfangen dur die reinen art,

diu von erwelter clârheit

an si nâch wunsche was geleit.

Alt unde junc, man unde wîp

enpfienc ir wunneclichen lîp

mit cleinœt und mit gruoze.

sich huop dâ grôz unmuoze

in der vil keiserlichen stift.


so herrlich empfängt,

wie Helena in Troja;

und man tat das wegen ihrer großartigen Schönheit,

die grenzenlos war,

sodass sich an ihr kein Makel fand.

Die Alten und die Jungen, Männern und Frauen,

empfiengen die Schöne

mit wertvollen Geschenken und Grußworten.

Die kaiserliche Stadt geriet so 

in große Geschäftigkeit. 

Dienstag, 8. Juli 2025

23160-23169

beströuwet von dem schalle,

daz Helêne kam geriten.

vil manic purper wol gesniten

von löubern und von tieren

sach man die wende zieren

ir ze ruome und z’eime lobe.

daz lop was allen êren obe,

daz ir ze prîse wart getân.

diu welt diu muoz alsô zergân,

daz man enpfâhet niemer mêr


bestreut, als man davon hörte,

dass Helena geritten kam.

Zahlreiche schön geschnittene Seidenstoffe

mit Pflanzen- und Tiermustern

sah man die Wände schmücken –

zu ihrem Ruhm und ihr zur Ehre.

Der Lobpreis, den man ihr zuteil werden ließ,

übertraf jedes Lob.

Die Welt wird nie wieder so sein,

dass man eine edle Dame

Montag, 7. Juli 2025

23150-23159

Helêne wart mit gruoze wol

und edelîche enpfangen.

geriten und gegangen

kam gegen ir vil manic schar:

man unde frouwen liehtgevar

enpfiengen si besunder.

der zühte was ein wunder,

die man ir bôt enwiderstrît.

die gazzen und die strâzen wît

mit rôsen wurden alle


Helena wurde schön begrüßt

und standesgemäß empfangen.

In zahlreichen Gruppen kam

man zu ihr, zu Fuß und zu Pferde.

Männer und strahlend schöne Damen

empfiengen sie getrennt voneinander.

Im Wetteifer, ihr möglichst anständig zu begegnen,

bewies man ihr gegenüber beeindruckende Höflichkeit.

Die Gassen und breiten Straßen

wurden allesamt mit Rosen

Freitag, 4. Juli 2025

23140-23149

sus triben si die stunde hin

mit worten ûf der strâze.

an lîbe und an gelâze

Helêne muoste in allen

von schulden wol gevallen,

wan si was ir ougen spil,

von dem si ganzer wunne vil

enpfiengen unde nâmen.

enpfiengen unde nâmen.

nû si ze Troie kâmen,

dô wart diu stat gezierde vol.


Auf diese Weise vertrieben sie im Gespräch

die Reisezeit.

Es war nur allzu verständlich, 

dass Helena mit ihrer Gestalt und ihrem Benehmen

ihnen allen gefallen musste,

denn sie war ihnen eine Augenweide,

die ihnen angenehm war

und an der sie sich ergötzten.

Als sie dann nach Troja kamen,

war die Stadt herausgeschmückt.  

Donnerstag, 3. Juli 2025

23130-23139

wan daz gebiutet iuwer muot

und iuwer herze gerne siht.

swes ir geruochen, daz geschiht

und wirt biz ûf ein ende brâht

mit flîzeclicher andâht.‹

Der rede Helêne antwürte bôt.

›trût herre‹, sprach si, ›mir tuot nôt,

daz man mir hie genædic sî,

sît daz ich mîner mâge vrî

und mînes landes worden bin.‹


als das, was ihr möchtet

und was ihr von Herzen gerne seht.

Was immer ihr wollt, das wird geschehen

und wird voll und ganz ausgeführt werden,

mit aufmerksamen Fleiß.

Auf diese Worte antwortete Helena.

›Lieber Herr‹, sagte sie, ›ich habe es nötig,

dass man sich meiner hier gnädig erweist,

da ich meine Verwandten 

und mein Land verloren habe.‹