17710-17719

möht er sîn leit mit fuogen

wol an in gerochen hân,

daz hæte er gerne dô getân

mit lîbe und mit dem guote.

swenn er in sînem muote

gedâhte an alte smerzen,

sô dente er ûz dem herzen

vil manigen tiefen siufzen lanc.

wît unde breit wart sîn gedanc

den âbent und den morgen.

Hätte er die Gelegenheit gehabt,

sein Leid an ihnen zu rächen,

dann hätte er das gerne getan

und Leib, Leben und Besitz dafür gegeben.

Immer, wenn er in sich

an alte Schmerzen erinnerte,

dann zog er aus seinem Herzen

zahlreiche tiefe und lange Seufzer.

In die Weite und Breite schweiften seine Gedanken

des Abends und des Morgens.  

17700-17709

er fröute sich der güete,

der wunder an der veste lac.

doch wizzent, swaz er wunne pflac,

diu was mit sorgen undersniten.

in sîne vröude wart gebriten

swær unde bitterlîche nôt,

wan er den angestbæren tôt

betrûrte, den sîn vater nam

und manic ritter lobesam,

den im die Kriechen sluogen.

Er freute sich darüber, dass die 

Burg so überaus schön und vorzüglich war.

Allerdings war, das solltet ihr wissen, all sein Wohlgefallen

mit Sorgen vermischt.

Seine Freude war von

Trübnis und bitterer Not durchflochten,

weil er den beängstigenden Tod

betrauerte, den sein Vater erlitten hatte

und mit ihm viele lobenswerte Ritter,

die ihm von den Griechen erschlagen worden waren. 

17690-17699

ez wart nie stat besetzet

mit frumen liuten alsô wol.

si was der ritterschefte vol,

die gerne z’allen zîten

nâch êren kunden strîten.

Nû daz der künic Prîamus

die stat gebiuwen hete alsus

und allez, daz ich hân genant,

dô wart erhœhet alzehant

sîn küniclich gemüete.

Nie war eine Stadt

von solch ehrbaren und tüchtigen Leuten bewohnt worden.

Sie war voll von Rittern,

die stets für Prestige

und Ansehen kämpften.

Als nun der König Priamus

die Stadt so hat erbauen lassen

und überhaupt alles, was ich aufgezählt habe,

da hob sich sogleich

seine königliche Stimmung hoch empor.

17680-17689

kein veste, diu sô schône stê,

sô Troye stuont, diu wîte.

ouch wart bî keiner zîte,

sît daz diu welt gestiftet wart,

kein stat von alsô rîcher art

gebiuwen ûf der erden.

ir hôhen unde ir werden

burger die wâren alle

gefrîget vor dem valle,

der mannes wirde letzet.

eine befestigte Stadt sehen, die sich so schön präsentiert

wie die Stadt Troja, die weitläufige. 

Auch gab es zu keiner Zeit,

seit die Welt geschaffen wurde,

auf der Erde eine Stadt,

die so prächtig erbaut worden ist. 

Ihre hohen und angesehenen

Bewohner, die waren alle

frei von all dem Verderben,

das die Ehre des Mannes schädigt.

17670-17679

nie bilde wart gewunnen,

des clârheit im gelîche.

Prîant der sælden rîche

der hete an sînen bû geleit

sô küniclîche rîcheit,

daz nieman in mit worten

geprîsen z’allen orten

nâch volleclicher wirde mac.

unz an den jungestlichen tac

wirt beschouwet niemer mê

Nie wurde ein Bildnis geschaffen,

dessen Schönheit es mit ihm aufnehmen konnte.

Priamus, der vom göttlichen Heil gesegnete,

der hatte auf seine Herstellung

ein derart königliches Vermögen verwendet,

dass niemand ihn, so dass es  

seiner Würde gerecht werden würde,

mit Worten ausreichend loben und preisen kann 

Bis zum Jüngsten Tag

wird man nie wieder 

17660-17669

der neic der wunneclichen stat,

dâ daz bilde wart gesehen.

er wânde, im solte wol geschehen

den tac von sîner heilikeit,

swenn er von êrst dervür geschreit

und ez mit ougen an gesach.

ez truoc von golde ein rîchez tach

und eine decke reine.

lieht unde vremde steine

dar ûz vil schône brunnen.

verneigte sich vor dem schönen Platz,

wo man das Bildnis stehen sah.

Er meinte, dass es ihm an diesem Tag 

gut ergehen werde, wegen der Heiligkeit des Bildes,

wann immer er als erstes dorthin ging

und es mit Augen ansah.

Das Bildnis hatte ein prächtiges Dach aus Gold

und ein herrliches Gewölbe.

Glanz und seltene Edelsteine

erstrahlten daraus auf wunderschöne Weise.