13270
dis ahte kint erkennet
gar biderb unde stæte
der künic Prîant hæte
von sîme êlichen wîbe clâr.
noch hete er drîzic sün vür wâr,
13275
die von der ê niht wâren komen.
doch was ir leben ûz genomen
und zuo hôhem prîse erkorn.
ir iegelicher was geborn
von einer muoter, als ich las,
13280
diu von geburt gar edel was.
Diu drîzic und dis ahte kint,
diu von mir hie genennet sint,
diu truogen alle jâmer dô
mit ir vater Prîamô,
13285
wan in sîn leit ze herze traf.
daz lûter und daz clâre saf
gienc ûz ir liehten ougen tor,
wan daz der biderb Hector
niht möhte dâ geweinen.
13290
sîn muot begunde ersteinen
in ritterlicher frumekeit.
sîn schade was im alsô leit,
als er von rehte solte wesen,
doch tet er als der wil genesen
13295
und niht von leide kan verzagen.
er lie belîben allez clagen
und trôste sînen werden vater.
den tugentrîchen künic bater,
daz er sîn trûren lieze sîn.
13300
er sprach: herr unde vater mîn,
lânt iuwer strengen ungehabe
durch iuwer hôhen tugent abe,
wan trûren daz enhilfet niht
zuo dirren veigen ungeschiht,
13305
man muoz iht anders tuon dar zuo.
daz ieman riuweclichen tuo,
daz lânt verboten werden.
jô zimt ez wol ûf erden,
daz vreche helde sint gemeit
13310
nâch schedelicher arebeit
und nâch verlüste niht verzagen.
welt ir ein trûric herze tragen,
sô wirt al iuwer diet verzeget.
clag unde trûren nider leget
13315
manheit und ellentrîchen sin:
des werfent allez jâmer hin!
daz ist iu nû daz beste.
uns hânt die leiden geste
verhert, si enwizzent umbe waz.
13270
Diese acht Kinder,
die er von seinem schönen Eheweib bekam,
hielt König Priamus für
tüchtig und beständig.
Außerdem hatte er, fürwahr,
13275
dreißig uneheliche Söhne.
Doch war ihr Leben außerordentlich
und zu hohem Ruhm bestimmt.
Ein jeder war geboren,
wie ich las, von einer Mutter,
13280
die von Geburt an edel war.
Die Dreißig und die acht Kinder,
die von mir genannt wurden,
die teilten alle den Kummer
mit ihrem Vater Priamus,
13285
als ihn sein Leid im Herzen traf.
Reine und aufrichtige Tränen
quollen aus ihren lichten Augen hervor,
nur der tüchtige Hektor vermochte
das nicht zu beweinen.
13290
Seine Gedanken begannen sich
in ritterlicher Tapferkeit zu verhärten.
Sein Verlust war ihm ein solches Leid,
wie er auch rechtmäßig sein sollte,
doch handelte er wie jemand, der genesen will,
13295
und ließ sich nicht von Leid verzagen.
Er ließ bleiben alles Klagen
und tröstete seinen würdigen Vater.
Er bat seinen tugendreichen König,
dass er sein Trauern sein ließe.
13300
Er sprach: “Mein Herr und Vater,
lasst von Eurem unerbittlichen Klagen
um eurer Tugendhaftigkeit willen ab,
denn das Trauern hilft nicht
gegen diese verderbte Untat;
13305
man muss anders vorgehen.
Es sollte unterbunden werden,
dass jemand in Trauer versinkt.
Es gehört sich so auf Erden,
dass kühne Helden nach unsäglichen Mühen
13310
lebensfroh sind
und nach Verlusten nicht verzagen.
Wollt Ihr ein trauerndes Herz tragen,
so wird euer ganzes Volk entmutigt.
Klagen und Trauern legt
13315
Mannheit und heldenhaften Verstand nieder:
Verwerft deshalb allen Kummer!
Das ist jetzt das Beste.
Die leidbringenden Fremden haben uns besiegt;
sie wissen nicht, zu welchem Preis.
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