Paris’ Liebesgeständnis an Helena
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| Diu minne tet an im wol schîn, daz si gewaltic wolte sîn unde ir craft ist manicvalt. si twanc in des mit ir gewalt, daz er guot, liut unde leben an âventiure müeste geben und er daz allez wâgete, durch daz er dâ gelâgete des heiles und der stunde, daz Helenâ diu blunde mit im von dannen kæme und er si dâ genæme dem künige Menelâô, der im doch zuht und êre dô güetlîche in sîme hûse bar. sîn herze in sorgen sich verwar und in der Minne stricke sô sêre und alsô dicke, daz er dar ûz niht mohte komen. Helêne diu het im benomen sînen muot, fröud unde kraft. er wart dar ûf gedanchaft mit herzen und mit lîbe, daz er dem clâren wîbe den kumber sîn geklagete. er bibent unde wagete vor sorgen als ein espîn loup. daz im sîn herze niht zercloup vor marterlicher swære, daz was ein fremdez mære und ein grôz wunder wilde. swenn er sich in ir bilde und in ir ougen mohte ersehen, sô muoste er denken unde jehen, daz im geschæhe nie sô wol. ouch wart sîn herze jâmers vol, durch daz er muoste blicken an, daz ir güetlîche tet ir man mit rede und mit gebærde. er leit dâ von beswærde, daz er daz keiserlîche wîp twanc eteswenne an sînen lîp und er si vor im kuste. sîn herze von geluste zerspringen denne wolte, dur daz er niht ensolte daz selbe tuon der reinen. er kunde si wol meinen mit flîzeclicher andâht. er hete si des innen brâht vil gerne z’etelicher stunt, daz von ir lac sîn herze wunt, dô was diu reine guote begriffen sô mit huote, daz im der state dâ gebrast, daz ir der hôchgeborne gast geclagete sînen smerzen. des muoste in sîme herzen sîn marc von nœten dorren. er wart in leit verworren als in ein garn die vische. er saz dick ob dem tische, daz er sîn selbes gar vergaz. zeimâl het er ein trincvaz mit wîne an sîner hende blanc, und wart als irre sîn gedanc, daz im daz hirne alumbe wiel und im der kopf dâ nider viel von sinnelôsen dingen. swenn er sîn ougen swingen liez an die keiserlichen fruht, sô viel der minne tobesuht sô starke in sîne stirne, daz im herz unde hirne von hitze wurden wüetic. diu nôt wart überflüetic, die Pârîs dur Helênen truoc. ouch hete dô beswærde gnuoc Helêne dur Pârîsen. si bêde kunde wîsen der Minne reizel unde ir kraft in grundelôse trûtschaft. Diu liebe was ân ende, die sunder missewende si zwei ze samne truogen. und möhten si mit fuogen der minne brunst erleschet hân, daz heten gerne si getân mit herzen und mit lîbe. dem ûz erwelten wîbe getorste niht der herre guot mit rede entsliezen sînen muot vor huote und vor geværde. doch hete er die gebærde, dâ bî si mohte schouwen, daz er dur si verhouwen was biz ûf der sinne grunt. er tet ir dâ mit schrifte kunt, daz in ir minne ûf jâmer treip. ›amô‹ daz wort er dicke schreip mit wîne lûter unde frisch für die vil clâren ûf den tisch, dâ bî wart si des innen, daz er si kunde minnen für allez guot und allen hort. ›amô‹ daz liebe süeze wort, daz sprach alsus ze tiute: ›ich minne iuch unde triute und wil iuch liep von herzen haben.‹ sus tet er si mit buochstaben gewis, daz er si meinte. und dô diu wol gereinte kust eteswenne ir tohterlîn güetlîche vor den ougen sîn, sô sleich er tougenlichen dar, sô nieman sîn dâ wart gewar, und nam daz kint ûf sîne schôz. mit armen er ez umbeslôz und treip mit im vil manic spil. er gap im ouch der küsse vil dur die liebe manicvalt, die sîner muoter wol gestalt dô truogen sîne sinne. und swâ diu küneginne liutsælic unde stæte vor im gesezzen hæte, dâ saz er hin, als ich ez las. die stat, dâ si gestanden was, die kuste er mit dem munde oft und ze manger stunde. Diz treip er dicke tougen. mit minneclichen ougen begunde er ûf si kapfen. er kuste ir fuozstapfen. und neic ir stîgen unde ir wegen: Pârîs der minnesieche degen was von ir ze tôde wunt. nû wart ir amme z’einer stunt lîs unde stille des gewar, daz er daz kint vil wunnevar güetlîche twanc an sîne brust und ez vil dicke wart gekust lieplîche von dem munde sîn. ouch was ir tougen worden schîn, daz er geküsset hæte die stat, dâ diu vil stæte Helêne was gestanden ê. dâ von enbeit si dô niht mê, dô si vernam des herren sin. si kêrte zuo ir frouwen hin und seite ir die gebærde sîn. ›vernement,‹ sprach si, ›frouwe mîn, wes iuwer gast beginnet: er triutet unde minnet vil herzeclichen iuwer kint. ich weiz, daz im geküsset sint von im alliu sîniu lit. ouch wizzent, daz im iuwer trit liep unde wert belîben muoz: swâ sich gesetzet iuwer fuoz, die stat die küsset er zehant, swenn ir von dannen sint gewant und er belîbet eine. waz er hie mite meine, des muoz mich iemer wunder hân. daz er diz dicke hât getân, daz hân ich tougenlîche ersehen. war umbe ez aber sî geschehen, daz ist ein fremdiu sache mir. sin, muot und sînes herzen gir hât er dar ûf gekêret, daz von im werde gêret iuwer name und iuwer lîp für alliu minneclîchiu wîp.‹ Die frouwen tugendebære diu rede ein wildez mære in ir gemüete dûhte gar. si nam des jungelinges war dâ vaster, dan si tete vor. daz mære durch ir ôren tor was ir geslichen in die brust. des wart ir herzen muotgelust geleit ûf in vil harter. si truoc dô sende marter durch in, als er durch si dô leit. vil harte kûme si gebeit, daz ir die state wart getân, dâ si mit im begunde hân ir rede und ir gespræche dô. dem künige Menelâô wart enboten hein ze hûs, daz Castorunde Pollûs, die sîne swæger wâren, urliuges wolten vâren mit einem künige rîche. des bâten si gelîche den herren stæte und ûz genomen, daz er geruochte ir lande komen ze trôste bî den zîten und er in hülfe strîten mit vester und mit hôher craft. nû daz der künic ellenthaft vernam diu selben mære, dô fuor der tugendebære von dannen vil geswinde. sîn wîp und sîn gesinde begunde er underwîsen, daz si den gast Pârîsen in liezen wol bevolhen sîn. er bat die werden künegîn, daz si mit hôhem flîze gar sîn geruochte nemen war und sîn vil schône hieze pflegen. der schœnen gap er sînen segen und îlte ûf sîne strâze. er nam der verte mâze ze sîner swæger lande dô. der reise wurden beide frô diu frouwe und der getriuwe gast. im was der wirt ein überlast gewesen dâ ze hûse; dâ von der fröuden clûse wart ir herzen ûf getân, daz si die state solten hân, daz si ze rede möhten komen. mit flîze wart dâ war genomen des werden jungelinges. man kêrte ûf in vil dinges, daz wirde und êre heizen sol; ouch kunde er daz geschulden wol mit rede und mit gebâre. der sælig und der clâre geschuof mit adellicher tugent, daz man dâ lopte sîne jugent und sîne keiserlichen art. der frouwen er sô heimlich wart, daz er dick an ir sîten saz und ofte sunder allen haz gienc in ir kemenâten. er wart von ir berâten mit rîcher handelunge dô. nû kam ez eines mâles sô, daz er gesaz der schœnen bî fröud unde spilender wunne vrî, wan er sich nâch ir sente und sîn gemüete wente ûf jâmer durch si tougen. mit inneclichen ougen begunde er an ir bilde sehen. im was diu state dâ geschehen, daz si vereinet wâren gar, dâ von diu frouwe minnevar sich kêrte zuo dem gaste hin. güetlîche sprach si wider in: ›Vil werder man, wes trûrent ir? lânt iu niht swære sîn, daz ir hânt des wirtes bresten! wan allez, daz wir westen, daz iu ze fröuden kæme und trûren iu benæme, daz wirt iu gar von uns getân. ir sult iu niht verdriezen lân der stunde alhie ze lande. ir tribent maniger hande wunnespil dâ heime, des mügent ir lancseime iuch leider nû gevröuwen hie. vil sælic friunt, nû sagent, wie stêt iuwer ahte und iuwer dinc? dur waz hânt ir des landes rinc geschouwet und gesuochet? entsliezen mir geruochet, waz iuch her tribe in disen creiz. ich merke daz wol unde weiz, daz iuwer sin iht anders jaget, dann ir dem wirte hânt gesaget und mir von iu gekündet sî. daz lant, dem ir dâ wârent bî, daz hât an êren die genuht, daz ir durch keine hovezuht dar ûz gestrichen sît dâ her. swes iuwer jugent anders ger, dur lêre kôment ir niht ûz. alsam sîn ei der wilde strûz mit sînen ougen brüetet, sus hânt ir tugent behüetet mit iuwers herzen angesiht, dar umbe endurfent ir daz niht, daz man iuch wirde lêre. mich wundert harte sêre, waz iuch her tribe in disiu lant. iuch hât bî namen ûz gesant ein seltsæn âventiure. friunt, herre, vil gehiure, der lânt mich innen werden! wan allez, daz ûf erden iu ze sælden und ze fromen von mîner helfe möhte komen, des wolte ich gerne flîzic sîn. daz nim ich ûf die triuwe mîn.‹ Pârîs der rede wart gemeit. Helênen wolte er hân geseit vil gerne sînen kumber ê, dâ von fröut er sich deste mê, daz im erloubet was, daz er entsliezen solte sîne ger und sînes herzen willen ir. iedoch sult ir gelouben mir, daz er mit nôt ze rede kam. er wart von senelicher scham geverwet als ein rôse rôt. minn unde blûcheit im gebôt, daz im der muot in leide qual. der munt der wuohs im unde swal, ê daz er möhte sprechen. ûz im begunde brechen hitz unde schemelicher sweiz. diu minne tet im alsô heiz, daz er vil manigen siufzen lie. nû daz er sîne rede gevie mit nœten und mit sorgen an, dô sprach der minnesieche man zuo dem erwelten wîbe guot: ›ach, vrouwe, liebez herzebluot, sît daz ich sol und ich getar entsliezen iu mîn herze gar und mînen willen ûf ein ort, sô ruochent hœren mîniu wort, als ez gezeme der sælekeit, der wunder ist an iuch geleit von êren und von reiner tugent. ich hân dâ her von kindes jugent dur iu gesorget und gesent. mîn leben ist dar ûf gewent, daz ich muoz trûren unde queln und mac ich des niht mê verheln noch verswîgen noch verdagen. wolt ich iu niht mîn jâmer clagen, wie gar ich bin von iu verwunt, iu würde an mînem bilde kunt mîn sorge und mîn beswærde. iu zeiget mîn gebærde, daz ich leb âne liebes trôst. wer mac des heizen fiures rôst verbergen und verdecken? ez kan sich wol enblecken und öugen mit dem glanze sîn. jô meldet ez sîn selbes schîn, swie vaste ez under sî getân. sus wil der kumber, den ich hân, sich selber offenbæren und sîne kraft bewæren mit varwe und mit gebâre. ich hân vor mangem jâre mit nôt dur iuch gerungen. ir hânt mich des betwungen, daz ich von mînem lande schiet. diu mir zuo dirre verte riet und mich bekümbert hât alsus, daz ist diu vrouwe Vênus, ein muoter aller minne. diu kêrte mîne sinne dar ûf, daz ich ellende wart. si gap mir vranspüetige vart und guoten segelwint dâ her, dâ von sô bite ich unde ger, daz mir noch baz ir helfe tuo und mir diu sælde wîse zuo, daz mir an iu gelinge, sô daz ir stiure bringe mich zuo des gelückes rade und ich gelende zuo dem stade der gnâden iuwers lîbes. ach, spiegel manges wîbes und aller frouwen krône, ich bin nâch rîchem lône dâ her gefüeret und geholt. ich vorder an iuch grôzen solt, den ich doch wol verdienet hân, wan ich hân dur iuch verlân witz unde hôher gülte schaz, der mir ân allen widersaz für iuch gegeben wære. diu vart was mir niht swære, der ich dur iuch begunde, wan mich erwenden kunde kein angest ûf dem wilden sê. die winde tâten mir niht wê noch keiner slahte freise. ûf dirre verte reise fuor ich mit liehtes herzen ger und bin dur daz niht komen her daz ich beschouwe disiu lant; wan ich stet unde bürge vant dâ heime, die vil schœner sint. ich bin durch iuch, erweltez kint, gestrichen her in disen kreiz. daz schuof diu minne und ir geheiz, diu mich gewîset hât dar an, daz ich geruowen niht enkan von senelicher swære. der liumet und daz mære, daz mir wart von iu geseit, hât mich in dise nôt geleit, daz mîn gemüete brennet. iuch hât mîn herze erkennet, ê daz mîn ouge ersæhe daz wilde wunder wæhe, daz iu von klârheit wart gegeben. ich vinde reiner iuwer leben dann iuwer lop in alle wîs. sô lûter was niht iuwer prîs als iuwer lîp und iuwer jugent. vil grœzer ist noch iuwer tugent denn iuwer name wære. der liumet und daz mære, diu von iu dicke sint geflogen, hât sêre mir an iu gelogen, wan si vil kleiner sîn gewesen dann iuwer zuht vil ûz erlesen und iuwer liehte clârheit. ich habe an iu die wârheit erkennet mit den ougen mê, denne ich rede gehœret ê von iu mit den ôren habe. des krieges kum ich niemer abe, man vinde iu maniger sælde bî, dann ie von iu geheizen sî wird unde tugentlîchiu tât wan iuwer lîp gelegen hât mit sigenuft den worten obe, diu gesprach ie von dem lobe, daz an iu wart mit stætekeit von manigem wîsen man geleit. Der welte wunsch ist iu gegeben, sô daz man iuwer reinez leben ân alle missewende siht, dâ von enwundert mich des niht, daz Thêseus der wîse man, der aller künste sich versan, leit an iuch sînes herzen muot und daz in iuwer minne guot dar ûf begunde reizen, daz er ûz disen kreizen iuch vrevellichen fuorte. er nam iuch und beruorte doch iuwer reine kiusche nie. der tôre gap iuch unde lie von im ân aller slahte mein. er sante iuch âne wandel hein und frî vor allen minnen. daz er iuch fuorte hinnen, des hât mich lützel wunder; daz aber er dar under iu lie belîben kiusche und âne valsch getiusche gap wider iuch dem lande, des wunders maniger hande kan ich vergezzen niemer. ich wil ez ahten iemer für alliu wunder wilde. daz er liez iuwer bilde, des wâren sîne sinne toup. wer solte als ûz erwelten roup sô lîhteclichen wider geben? und hæt ich iuwer reinez leben gezücket und beroubet, ich lieze mir daz houbet mit eime swerte slahen abe, ê daz ich alsô rîche habe von mir lieze ân alle fruht. weizgot, ich bræche mîne zuht vil herter denne Thêseus. ein umbevangen unde ein kus diu bêdiu würden iu getân. möht ich niht anders von iu hân, doch müeste ich haben disiu zwei. daz künde erwenden kein geschrei noch keiner hande smerze. solt aber ich mîn herze erküelen völleclîche an iu, sô ahtet ich niht umbe ein spriu dar ûf, swaz mir geschæhe. frouw edel unde wæhe, ir sît mîn leben und mîn lîp, wan ich hân iu vür alliu wîp geminnet ûf der erden. iuch hôhen unde iuch werden nam ich für wîsheit unde hort. diu bêdiu hete man mir dort gegeben in Tessâliâ, dur daz ir von mir wærent dâ versprochen, hêriu künegîn. Pallas der künste meisterîn und Jûne, diu des schatzes pflegt die wolten mich hân übersigt mit witze und mit geræte, daz ich gescheiden hæte von iu willen unde muot. vrô Jûne diu gehiez mir guot und Pallas hôhe wîsheit. den bêden wart dâ widerseit durch iuch von mînem munde, wan ich was iu von grunde sô gar durchnehteclichen holt, daz ich versprach ir bêder solt und ich von ir gebote schiet. ich tete, daz mir Vênus riet, und viel an iuwer minne wert. der hân ich iemer sît gegert mit inneclichem muote. vor witze und ouch vor guote minnet iuch mîns herzen sin dar umbe ich her gestrichen bin und suoche an iu genâden trôst. sît daz ich in der minne rôst bin dur iuch gevallen und ich dar inne wallen sô rehte jæmerlichen muoz, sô füegent, daz mir werde buoz des grimmen jâmers, des ich dol. mit êren müget ir mich wol ze friunde erkiesen und ze man. mir wont rîcheit und adel an und ist ein künic der vater mîn, der under dem gewalte sîn hât vil gar ein schœnez lant. in sîner küniclicher hant stêt Asyâ daz rîche, dem nie gestuont gelîche kein lant ûf al der erden. nie rîche dorfte werden als edel nôch sô frühtic. ez ist sô gar genühtic an werden liuten alle stunt, daz sîn boden und sîn grunt daz volc vil kûme enthaltet, daz sînes kreizes waltet und dâ biuwet sînen rinc. frouw, aller sælden ursprinc, daz rîche daz wirt iu beschert, ob mir die gnâde widervert, daz mîn wille an iu geschiht. ouch wizzent, daz ich iuwer niht wil ze hübischeite gern. welt ir der minne mich gewern, nâch der mir ist von grunde wê, sô wil ich hân ze rehter ê mit triuwen iuch für alliu wîp. hey, waz sich iuwer reiner lîp genieten muoz von êren! ist, daz ir hinnen kêren geruochent in mîns vater lant, iu wirt lop unde zuht erkant und muoz iu liebes vil geschehen. ich lâze iuch Troye dâ gesehen, diu lieht von marmel schînet. mîn vater hât gepînet dar ûf mit hôher koste sich. ir glanzen decher wunneclich mit golde sint gar überleit. ir werden grôze rîcheit beschouwen, ob ir koment dar. ez wart nie stat sô wunnevar noch kein rîche als edel noch. daz rede ich niht dar umbe doch, daz ich bestrâfe disen creiz, wan ich kein lant sô sælic weiz, sô diz, dar inne ir sint geborn. ez dunket mich gar ûz erkorn, dur daz ir im hie wonent bî. swie rehte guot ez aber sî, doch ist ez iu vil gar ze swach. ir solten bezzer hûsgemach unde ein lant vil rîcher hân. wirt iuwer sin alsô getân, daz ir nû kêrent hinnen, ich lâze iuch dort gewinnen fröud unde ganzer wirde schîn. ahŷ, waz iu der vater mîn beginnet êren bieten! mîn muoter sol iuch mieten mit cleinœt und mit krâme wert. ob iuwer herze des begert, daz ir mir volget über sê, man biutet iu dâ zühte mê und manicvalter wünne, dann ich entsliezen künne. Daz man iuch êre dâ dur mich, daz dunket mich gar mügelich, wan ir mîns herzen frouwe sît. ach, got, waz hân ich iemer sît getrûret, sît ich kam dâ her! mîn wille und mînes herzen ger versenket wurden in verlust, swenn iuch der wirt an sîne brust vil nâhe und minneclîche twanc. daz er umb iuch sîn arme swanc und ich daz ane muoste sehen, dâ von ist dicke mir geschehen sêr unde marterlîche wê. mîn fröude smalz alsam der snê von manicvalter hitze nôt, swenn iuwer munt durliuhtic rôt von im geküsset wart vor mir. ez was mîn tôt, daz er und ir güetlicher dinge pflâgent und iuch ob tische wâgent ûf liebe sunder lougen. ich hielt dâ vür mîn ougen den kopf mit wîne dicke, dur daz iuch mîne blicke niht sæhen dâ gebâren sus. jô dranc mir iuwer beider kus aldur mîn herze sam ein swert. ich kêrte mich hin dannewert, swenn er sich leite ûf iuwer schôz. mîn herze heize trehene gôz von herzeclicher ungehabe, die kunde ich denne wüschen abe in tougenlicher wîse. ich hal mîn jâmer lîse, dur daz der wirt niht innen würd an mir, daz ich minnen wolt iuwer reinez leben hôch. vil siufzen ich von grunde zôch und sach denn iemer zuo iu dar, ob ir mîn iht dâ næment war mit ougen und mit herzen. sô wâgen ir den smerzen vil ringer, den ich denne leit. ich hân iu dicke vor geseit von minne senende bîschaft dar ûf, daz ir gedanchaft geruochtent an mîn jâmer sîn. von swem ich seite, daz er pîn und angest von der minne lite, dâ meinet ich mich selber mite und hæt iu des gern innen brâht, daz mîn herze was verdâht vil gar ûf iuwer minne. dô gienc eht iu ze sinne diu bîschaft alsô cleine, daz niender iuwer meine zuo mîner rede was gewant. vrouw, edel unde schœne erkant, ich hân den criec dur iuch geliten, daz ich mich selber an gestriten hân mit gedenke dicke, durch daz ich ûz dem stricke der sorgen mich enbünde. sô daz mîn herze fünde ruow unde ganze fröude hôch. mîn ougen ich her wider zôch, swenn ich si dar an iuch verlie, dâ mite sô versuochte ich ie, ob mich daz mê versêrte, daz ich si zuo z’iu kêrte, ald ob ich an iuch sæhe niht; und als ich denne die gesiht von iu geworfen hete dan und iuch niht wolte blicken an, sô wart mir tûsent stunt sô wê, sô mir daz was gewesen ê, dô mîn ougen sâhen dar: alsô verstricte ich und verwar in grœzer leit mîn herze. seht, frouwe, dirre smerze, den ich durch iuch geliten hân, ist aller mir dâ von getân, daz ir sô rehte schœne sît. sol ich erwerben liebe zît und überwinden mîniu leit, sô muoz sich iuwer clârheit betrüeben ûf der erden, ald iuwer sin muoz werden ê senfte und milte gegen mir. eintweder iuwer stæte gir geneiget wirt ein cleine, old iuwer bilde reine verwandelt sînen clâren schîn: der zweiger der muoz einez sîn od ich bin endelichen tôt. mîn trûren und mîn sende nôt diu beide sint niht cleine; si dringent mir ze beine und zuo der sêle grunde. mîn herzeclîche wunde ist ûzer mâzen bitterlich. diz lant muoz âne zwîvel mich ze stætem ingesinde haben: wan ich wil werden hie begraben old ich füer iuch von hinnen. ich muoz iuch hie gewinnen ze frouwen und ze wîbe old ich wil von dem lîbe schier unde balde scheiden. wie mac iu sus geleiden mîn lîp, daz ir mir sint gehaz! ir sulent, sælic vrouwe, daz bedenken und betrahten, daz mîn der wirt hiez ahten, dâ er von hinnen kêrte. er bat iuch unde lêrte, deich iu bevolhen wære. nû bin ich iu unmære, wan ir mîn lützel ahte hânt. owê, daz ir iuch niht verstânt, daz Menelâus iuwer man iu lützel hôhes liebes gan, sît im an triuwen sô gebrast, daz er iuch einen fremden gast enphâhen hiez in iuwer pfliht. trüeg iu sîn herze triuwen iht und inneclicher stæte, sô wizzent, daz er hæte bevolhen niht in iuwer hant mich fremden man vil unbekant. Geloubent, vrouwe, daz vür wâr, daz wider iuch niht alsô clâr sîn herze ist, als ir iu versehent. daz merkent ir wol unde spehent dâ bî, daz er diz hât getân. sît wir nû bêde funden hân ze süezer minne state vil, ach, frouwe, mînes herzen spil, wes lânt ir quelen denne mich? jô füeget ir nû wol, daz ich von sorgen werde enbunden. wir hân die zît nû funden, daz uns hie nieman irret. kein huote uns beiden wirret, wan der wirt ist sînen wec und hât uns hie der lâge stec geworfen und gevellet abe, des lœsent mich von ungehabe und endent mîne zuoversiht! diu naht, bî der an iu geschiht der minnegernde wille mîn, diu muoz mir iemer schœner sîn, dan der liehtebernde tac. ob ich mîn herze erküelen mac unde erfüllen mîne ger, sô bin ich sæleclichen her geschiffet und gerüeret. ir werdent hein gefüeret ân allen kumber herte. und ob ir iuch der verte und der minne wellent schemen, sô lânt mich zücken unde nemen iuch in roubes wîse, durch daz ir in dem prîse belîbent und ich habe die schult. vorht unde scham ir lâzen sult, wan ich füere iuch alzehant mit fride in mînes vater lant und in sînes rîches habe. ir mügent sîn der angest abe, daz uns ieman erwende des. ir wizzent wol, daz Hercules die stolzen Dŷanîram, ir vriunden roubet unde nam und er si von in fuorte, sô daz im nieman ruorte mit schiffen ûf der verte nâch: sus wirt ouch keinem manne gâch ûf uns bî dirre wîle. daz ieman uns erîle, des fürhte ich harte cleine. ouch wizzent, frouwe reine, ob nâch uns aller Kriechen her begunde strîchen über mer, daz man sîn dort vil sanfte erbite und man in allen wol gestrite mit ellentrîchen handen, wan in mîns vater landen ist alsô grôziu ritterschaft, daz man der Kriechen übercraft entsitzet dâ niht umbe ein ei. geloubent, frouwe, daz wir zwei dâ werden niht gesuochet. ob iuwer sin geruochet, daz er von hinnen kêren wil, wir mügen leides âne zil belîben iemer ungewon. Mêdêam fuorte Jâson von Kolcos ûz dem lande, daz er dekeiner hande kumber ûf der verte leit von strîteclicher arebeit und von ir vater zorne. vil reine wolgeborne, ist, daz wir hinnen kêren, sô werden mir mit êren gefüeret hein geswinde. ê daz man hie bevinde, daz man iuch roubes hât genomen, ê sint wir dort ze stade komen und ûz gestôzen an daz lant. iu wirt dâ rîlich wirde erkant unde erboten zühte mêr, dann ich mit worten, frouwe hêr, entsliezen müge ze tiute. wan mînes vater liute die wænent algemeine, ir sît ein niuwe feine und ein götinne wilde, der leben unde bilde sül angebetet werden für alliu wîp ûf erden.‹
| Die Liebe bewies an ihm deutlich ihre Macht und ihre vielfältige Kraft. Sie zwang ihn mit ihrer Macht dazu, Besitz, Leute und Leben aufs Spiel zu setzen und alles zu wagen, um dort auf den glücklichen Zufall und den Moment zu lauern, dass die blonde Helena mit ihm mitgehen würde und er sie dort dem König Menelaos wegnehmen könnte, der ihm Höflichkeit und Gastfreundlichkeit entgegenbrachte. Sein Herz verlor sich in Sorgen und in den Stricken der Liebe so schmerzhaft und so fest, dass er sich daraus nicht befreien konnte. Helena hatte ihm seinen Mut, seine Freude und seine Kraft genommen. Mit ganzem Herzen fasste er den Gedanken, der herrlichen Frau seinen Kummer zu klagen. Er bebte und zitterte vor Sorgen wie Espenlaub. Es war eine unglaubliche Geschichte und ein großes Wunder, dass sein Herz nicht auseinanderbrach vor qualvollem Schmerz. Immer, wenn er sich mit Blicken in ihrem Anblick und in ihren Augen verlor, dann musste er sich eingestehen, dass es ihm noch nie so gut gegangen ist. Auch war sein Herz voll mit Klagen, weil er sehen musste, dass ihr Mann gut zu ihr war in seinen Worten und Taten. Paris litt dadurch Kummer, dass Menelaos die königliche Frau ab und an zu sich zog und sie vor ihm küsste. Sein Herz wollte ihm vor Begierde zerspringen, weil er mit der Makellosen nicht dasselbe tun konnte. Er war mit Haut und Haaren in sie verliebt. Er hätte es ihr gerne zu verschiedenen Gelegenheiten mitgeteilt, dass sein Herz durch sie wund war, doch war die Reine und Gute ständig von Leuten umgeben, sodass dem hochgeborenen Gast die Gelegenheit fehlte, ihr seine Schmerzen zu klagen. Dadurch verdorrten ihm Mark und Bein durch Not und Qualen. Er verstrickte sich in Leid wie die Fische ins Netz. Oft saß er am Tisch und vergaß sich völlig selbst. Zweimal hatte er sein Trinkgefäß mit Wein in seiner schönen Hand, und seine Gedanken waren so verwirrt dass ihm das Gehirn nur so schwirrte und ihm der Kopf ohnmächtig hinuntersank. Wenn er seine Augen über die königliche Leibesfrucht schweifen ließ, fuhr der Liebeskummer so stark in seine Stirn, dass ihm Herz und Hirn von der Hitze irre wurden. Die Not, in die Paris wegen Helena geraten war, überflutete alles. Auch Helena litt durch Paris großen Kummer. Die Lockmittel der Liebe und deren Kraft führte sie beide in unergründliche Liebschaft. Die Freude, die die beiden ohne Gnade zusammen brachte, war grenzenlos. Und hätten sie auf anständige Art und Weise das Feuer der Liebe löschen können, hätten sie das gerne mit aller Kraft getan. Der edle Herr wagte es wegen der Anwesenden nicht, der auserwählten Frau zu sagen, was er im Sinn hatte. Doch anhand seiner Gestik und Mimik, konnte sie erkennen, dass er durch sie bis auf den innersten Grund verwundet war. Er tat ihr schriftlich kund, dass ihn ihre Liebe in den Kummer trieb. ›Amo‹ dieses Wort schrieb er mehrmals mit klarem und frischen Wein vor die Herrliche auf den Tisch wodurch sie verstand, dass er sie liebte mehr als allen Besitz und jeden Schatz. ›Amo‹ das liebe süße Wort das meinte – ich übersetze es –: ›Ich liebe und begehre euch. Und will euch von Herzen lieb haben.‹ So verdeutlichte er ihr mit Buchstaben, dass er sie liebte. Und als die Makellose dann irgendwann ihr Töchterlein gütig vor seinen Augen geküsst hatte, da schlich er heimlich dahin, sodass niemand ihn bemerkte und nahm das Kind auf seinen Schoß. Mit seinen Armen umschloss er es und spielte ausgelassen mit ihm. Er gab ihrer Tochter auch viele Küsse, wegen der großen Liebe, die er gegenüber ihrer Mutter empfandt. Und wo auch immer die Königin anmutig und untadelig vor ihm gesessen war, da setzte er sich hin, so habe ich es gelesen. Die Stelle, an der sie gestanden war, die küsste er mit dem Mund oft und immer wieder. Dies alles tat er ganz heimlich. Mit liebevollen Augen begann er sie anzustarren. Er küsste ihre Fußspuren und er verneigte sich vor den Treppen und Wegen, auf denen sie lief. Paris, der liebeskranke Krieger, war von ihr tödlich verwundet worden. Nun kam es so, dass ihre Amme unauffällig bemerkte, dass er das Kind sehr herzig und liebevoll an seine Brust schmiegte und es viel geküsst wurde von seinem lieblichen Mund. Auch merkte sie heimlich, dass er den Boden geküsst hatte, wo die untadelige Helena vorher gestanden war. Als sie verstand, was in diesem Herrn vorging, da zögerte sie nicht mehr. Sie wandte sich an ihre Herrin und erzählte ihr von seinem Gebahren: ›Hört‹, sagte sie, ›meine Herrin, was euer Gast tut: er liebkoste liebevoll und von Herzen euer Kind. Ich weiß, dass sein ganzer Körper von ihm geküsst wurde. Auch müsst ihr wissen, dass ihm eure Schritte lieb und wertvoll sind: Wo auch immer ihr hintretet, diese Stelle küsst er sogleich, sobald ihr euch von ihr abgewendet habt und er alleine zurück bleibt. Was er hiermit beabsichtigt, das ist mir ein Rätsel. Doch dass er dies oft getan hat, das habe ich heimlich beobachtet, ohne aber zu verstehen, warum das geschehen ist. Sinn, Gemüt und das Begehren seines Herzens hat er darauf gerichtet, dass von ihm euer Name und euren Leib geehrt werde, mehr als alle liebenswerten Frauen.‹ Die Rede schien der tugendhaften Frau seltsam zu sein. Sie nahm den Jüngling dann genauer wahr, als sie es zuvor getan hatte. Die Geschichte war durch die Tore ihres Herzens in ihre Brust geschlichen. Deshalb war das Verlangen ihres Herzen sehr schwer auf ihn gelegt worden Da trug auch sie qualvolles Leid wegen ihm, so wie auch er wegen ihr litt. Sie konnte es kaum erwarten, die Gelegenheit zu bekommen, mit ihm zu sprechen. Da wurde dem König Menelaos eine Botschaft gebracht, dass Castor und Pollux, die seine Schwager waren, in einen Krieg ziehen wollten gegen einen mächtigen König. Deshalb baten sie beide den redlichen und hervorragend König, dass er bald zur Unterstützung in ihre Länder kommen möge, um sie beim Kampf mit starker und großer Heeresmacht zu unterstützen. Als nun der mutige König diese Geschichte vernommen hatte, fuhr der Tugendhafte geschwind davon. Seine Frau und sein Gefolge beauftragte er, dass sie sich um den Gast Paris gut kümmern sollten. Er bat die edle Königin, auf ihn zu achten und dafür zu sorgen, dass man sich sehr gut um ihn kümmere. Der Schönen gab er seinen Segen, machte sich dann eilig auf den Weg und nahm die große Reise auf sich zu den Ländern seiner Schwager. Über die Reise waren beide froh, die Dame und der getreue Gast. Ihm war der Gastgeber zuhause eine große Last gewesen, dort, wo ihnen nun von den heimlichen Freuden ihre Herzen aufgingen, weil sie die Möglichkeit hatten, miteinander zu reden. Mit großem Aufwand kümmerte man sich um den edlen Jüngling. Man erwies ihm viel Würde und Ehre. Auch hatte er das durch seine Worte und sein Auftreten sehr verdient. Der Selige und Strahlende sorgte mit edler Tugen dafür, dass man da seine Jugend und seine königliche Art lobte. Der Dame wurde er so vertraut, dass er oft an ihrer Seite saß und häufig, ohne dass jemand etwas dagegen gehabt hätte, in ihre Zimmer ging. Dort kümmerte sie sich aufmerksam um ihn. Nun kam es einmal so, dass er bei der Schönen saß, freudlos und trübselig, weil er sich nach ihr sehnte, und seine Stimmung wegen ihr (was sie aber nicht wusste) immer schlechter wurde. Mit aufrichtigem Blick begann er sie anzusehen. Es war der Moment gekommen, dass sie ganz allein waren, weshalb die liebenswerte Dame sich dem Gast zuwandte. Wohlwollend sprach sie zu ihm: ›Werter Mann, was trauert ihr? Lasst es euch nicht leid sein, dass euch der Gastgeber fehlt! Denn alles, von dem wir wissen, dass es euch Freude bringe und Traurigkeit euch raube, das werden wir für euch tun. Ihr dürft euch hierzulande die Zeit nicht verdrießen lassen. Ihr habt zuhause vielerlei freudigen Zeitvertreib, daran könnt ihr euch hier leider nur zögernd erfreuen. Gesegneter Freund, nun sagt, wie ist es um euch bestellt und was ist mit euch los? Warum habt ihr dieses Land euch ausersehen? Seid so freundlich, mir zu verraten, was euch her in dieses Gebiet treibt. Ich merke das genau und weiß, dass euer Sinn nach irgendetwas anderem jagt als das, was ihr eurem Gastgeber und mir gesagt habt. Das Land, in dem ihr zuvor wart, das hat genug an Ehre, dass ihr nicht wegen einer höfischen Erziehung von dort hierher gezogen seid. Was auch immer eure Jugend wollte: Um etwas zu lernen seid ihr nicht hergekommen. So wie der wilde Strauß sein Ei mit seinen Augen ausbrütet, so habt ihr Tugend behütet mit dem Blick eures Herzens, darum braucht ihr das nicht, dass man euch Würde und Ansehen lehre. Mich wundert sehr, was euch hertreibt in dieses Land. Wahrlich, euch hat eine seltsame Âventiure hinaus gesandt. Freund, Ritter, verratet mir diese Âventiure! Alles, das auf Erden euch durch meine Hilfe zu Glück und Heil verhelfen könnte, darum werde ich mich gerne eifrig bemühen. Darauf könnt ihr euch verlassen.‹ Paris war froh über diese Worte. Er hätte zuvor schon Helena gerne von seinem Kummer erzählt, deshalb freute er sich umso mehr, dass ihm erlaubt wurde, ihr sein Begehren und seinen Herzenswunsch zu verraten. Jedoch könnt ihr mir glauben, dass er nur mit Mühe und Not sprechen konnte. Durch liebeskranke Scham hatte er die Farbe einer roten Rose. Liebe und Verlegenheit geboten ihm, dass er Qualen litt. Der Mund schwoll ihm an, bevor er sprechen konnte. Hitzewallungen erfassten ihn und von Liebeskrankheit begann er zu schwitzen. Wegen der Liebe wurde ihm so heiß, dass er immer wieder seufzte. Als er seine Rede dann mit Mühe und Not begann, sagte der liebeskranke Mann zu der auserwählten Frau: ›Ach, liebste Dame, mein Herz, da ich euch mein Herz ganz eröffnen soll und darf und worauf mein Wille gerichtet ist – seid so freundlich, mich anzuhören, so wie es der Vollkommenheit entspricht, mit der ihr in unglaublichem Maß gesegnet seid, an Ansehen und reiner Tugend. Seit ich ein junger Mann bin, habe ich mich nach euch verzehrt und gesehnt. Mein Leben ist darauf ausgerichtet, dass ich trauern und leiden muss und ich kann das nicht mehr verheimlichen, auch nicht verschweigen, auch nicht verbergen. Würde ich euch nicht von meinem Kummer erzählen und davon, wie sehr ich durch euch verwundet bin, dann würden meine Sorge und Beschwerden daran erkennbar, wie ich aussehe. Meine ganzes Auftreten zeigt euch, dass ich von keinerlei Freude mehr getröstet werde. Wer könnte die Glut des heißen Feuers verbergen und verstecken? Es zeigt sich leicht und wird durch seinen Glanz sichtbar. Ja, sein Licht verrät es, wie sehr auch immer man es zu verbergen sucht. Genau so will der Kummer, den ich habe, sich selbst offenbaren und seine Kraft zeigen durch die Gesichtsfarbe, durch Gesten und Mimik. Der Gedanke an euch bedrängt mich schon seit vielen Jahren. Ihr habt mich dazu gebracht, aus meinem Heimatland fortzugehen. Diejenige, die mir zu dieser Reise geraten hat und mir auf solche Weise Kummer gebracht hat, dass ist die Frau Venus, die Mutter aller Liebe. Diese wandte mein Gedanke darauf, dass ich ein Heimatloser wurde. Sie gab mir erfolgreiche Fahrt und guten Segelwind, deshalb erbitte und begehre ich, dass mir noch mehr ihrer Hilfe zuteil werde und sie mir das göttliche Heil gewähre, dass ich bei euch Erfolg habe, sodass mich ihre Unterstützung auf das Rad des Glücks bringe und ich dahin gelange, eurer Gnade teilhaftig zu werden. Ach, Spiegel vieler Frauen und Krone aller Damen! Reicher Lohn hat mich hierher geführt und gebracht. Ich fordere von euch eine große Belohnung, die ich doch mehr als verdient habe, weil ich durch euch meinen Verstand und großen, goldenen Reichtum verloren habe, der mir ohne großes Hindernis statt eurer gegeben woren wäre. Der Weg fiel mir nicht schwer, den ich durch euch begann, denn mich konnte keine Furcht auf dem wilden Meer abhalten. Weder die Winde konnten mir etwas anhaben noch große Gefahren. Auf dieser Reise fuhr ich mit hellem, sehnsüchtigem Herzen und ich bin nicht hierher gekommen, um dieses Land zu sehen und kennenzulernen; denn es gibt in meiner Heimat Städte und Burgen, die viel schöner sind. Ich bin wegen euch, edles Kind, In diese Gegend gekommen. Dafür sorgte die Liebe und ihr Befehl, die mich dazu gebracht hat, dass ich es vor schmerzlichen Qualen nicht mehr aushalte. Der Ruf und auch die Geschichten, die mir von euch erzählt wurden, haben mich in diese Notlage gebracht, dass nämlich all mein Denken und Wollen in Flammen steht. Mein Herz hat euch erkannt, noch bevor meine Augen das gewaltsame, wunderschöne Wunder eurer Schönheit gesehen haben. Ich finde euch in jeder Hinsicht makelloser als das Lob, das man über euch sagt. Die Wertschätzung, die euch zuteil wird, war nicht so vollkommen wie euer Körper und eure Jugend. Eure Tugenden sind noch viel beeindruckender als euer Ruhm. Der Ruf und die Geschichten, die vielfach über euch verbreitet werden, haben mich sehr über euch belogen, da sie viel unbedeutender waren als euer überragendes Benehmen und eure strahlende Schönheit. Ich habe an euch die Wahrheit mehr mit meinen Augen erkannt als zuvor mit den Ohren, wenn von euch erzählt wurde. Diesen Widerspruch werde ich nie auflösen können, dass man an euch mehr Segen findet, als jemals von eurer Würde und euren Tugenden erzählt wurde, denn euer Körper hat über die Worte gesiegt, die jemals – und beständig – von vielen lebensweisen Männern euch zum Lob gesagt wurden. Ihr seid zu einem Wunder der Welt gemacht worden, sodass man euer reines Leben frei von allen Makeln sieht, deswegen wundert es mich nicht, dass Theseus, der weise Mann, der sich auf alle Künste verstand, sein Herz auf euch gerichtet hat und dass ihn eure schöne Liebe dazu angestachelt hat, euch aus dieser Gegend rücksichtslos fortzuführen. Er nahm euch mit sich und hat dennoch eure reine Unschuld nie angetastet. Der Narr gab euch weg und ließ euch von sich gehen, ohne etwas Böses zu tun. Unberührt hat er euch nach Hause zurückgesandt und frei von aller Liebe. Dass er euch hinweg führte, das wundert mich gar nicht; das er aber dann euch unberührt ließ und euch ohne Betrug und Täuschung dem Land zurückgab, dieses große Wunder geht mir nicht aus dem Kopf. Ich werde das stets für das größte Wunder halten. Er muss verrückt gewesen sein, dass er euch wieder gehen ließ. Wer könnte eine derart besondere Beute so leichtsinnig zurückgeben? Hätte ich euer vollkommenes Leben entrissen und geraubt, dann ließe ich mir eher den Kopf mit einem Schwert abschlagen, bevor ich so einen großartigen Besitz hergäbe, ohne davon einen Nutzen zu haben. Weißgott, Anstand und Moral würden mich weit weniger kümmern als Thêseus. Eine Umarmung und einen Kuss – beides würdet ihr von mir bekommen. Auch wenn ich nichts anderes von euch haben könnte, diese beiden Dinge müsste ich bekommen. Kein Geschrei könnte das verhindern und keinerlei Schmerz. Wenn ich mein Herz vollständig an euch abkühlen könnte, dann achtete ich nicht im Geringsten darauf, was mir dann geschähe. Edle und kostbare Dame, ihr seit mein Leben und mein Glück denn ich liebe euch mehr als alle Frauen auf der Welt. Euch, die ihr edel und angesehen seid, nahm ich statt Weisheit und Besitz. Die beiden hätte man mir dort in Tessâliâ gegeben, wenn ich mich dort gegen euch entschieden hätte, hohe Königin. Pallas die Göttin der Künste und Juno, die für den Reichtum zuständig ist, die wollten mich dazu bringen, mit Verstand und mit Vermögen, dass ich meinen Sinn und Verstand nicht mehr auf euch richten solle. Frau Juno, die versprach mir Reichtum, und Pallas größte Weisheit. Das Angebot der beiden habe ich dort ausdrücklich ausgeschlagen, wegen euch, denn ich war euch ganz und gar und so unendlich zugeneigt, dass ich den Lohn der beiden ablehnte und ihr Gebot ausschlug. Ich tat, was mir Venus geraten hat, und habe mich in eure edle Liebe gestürtzt. Diese Liebe begehre ich seitdem von ganzem Herzen. Mehr als Weisheit und Besitz liebt euch mein Herz – und deshalb bin ich hierhergezogen und suche bei euch Gnade und Trost. Da ich wegen euch in das Feuer der Liebe gefallen bin, und darin ganz jämmerlich schmoren muss – sorgt deshalb dafür, dass das schlimme Leid, das ich ertragen muss, gelindert wird. Es schadet eurem Ansehen nicht, wenn ihr mich zum Freund erwählt und zum Mann. Mächtig bin ich und adlig und mein Vater ist ein König, der über ein wunderschönes Land herrscht. Seine königliche Hand regiert über Asien, das Reich, dem nie auf der ganzen Erde ein anderes Land glich. Nie war ein Reich so edel und fruchtbar. Dort gab und gibt es stets in so großer Hülle und Fülle edle Leute, dass sein Grund und Boden dem Volk kaum Arbeit bereitet, das dieses Gebiet regiert und dort lebt. Herrin! Ursprung allen Heils! – dieses Reich werdet ihr bekommen, wenn ihr mir gnädig seid, und ihr meinem Willen folgt. Ihr sollt auch wissen, dass ich euch nicht nur als Geliebte haben will. Wenn ihr mir eure Liebe schenkt, nach der ich tiefe Sehnsucht habe, dann will ich euch und niemanden sonst zur Ehefrau nehmen. Hey, welch Ansehen ihr haben werdet! Wenn ihr bereit seid, in das Land meines Vaters zu gehen, wird euch Lob und Höflichkeit entgegengebracht und viel Freundlichkeit zuteil werden. Ihr werdet Troja sehen, das von Marmor erstrahlt. Mein Vater hat dafür großen Aufwand getrieben. Trojas schöne, glänzende Dächer sie sind komplett mit Gold überzogen. Ihr werdet großen Reichtum sehen, wenn ihr dorthin kommt. Es war nie eine Stadt so vollkommen oder ein Reich so edel. Das sage ich nicht, um dieses Land schlechtzumachen, da ich kein Land so gesegnet weiß, als das, in dem ihr geboren seid. Es scheint mir auserwählt, weil ihr euch hier aufhaltet. Wie gut es aber auch sein mag: für euch ist es nicht gut genug. Ihr müsst eine bessere Heimat und ein viel reicheres Land haben. Wenn ihr bereit seid, wegzugehen, dann sorge ich dafür, dass ihr dort Freude findet und eure Würde leuchtet. Oh, was euch mein Vater an Ansehen bieten wird! Meine Mutter wird euch mit Schmuck und wertvollen Sachen belohnen. Wenn euer Herz dazu bereit ist, dass ihr mir über das Meer folgt, dann wird man euch dort mehr Anstand und ein angenehmeres Leben bieten, als ich es euch beschreiben kann. Dass man euch dort wegen mir Ansehen bietet, dass scheint mir deshalb möglich zu sein, weil ihr meine Herzensdame seid. Ach, Gott, was habe ich immer getrauert, seit ich hierher kam! Mein Wille und das Verlangen meines Herzens gingen zugrunde, wann immer der Gastgeber euch sehr nah und liebevoll an seine Brust drückte. Dass er seine Arme um euch legte und ich das mitanschauen musste, dadurch wurden mir starke und qualvolle Schmerzen beschert. Mein Freude schmolz wie der Schnee durch großer Hitze, immer dann, wenn euer durch und durch roter Mund von ihm geküsst wurde. Es war mein Tod, dass er und ihr, dass ihr euch mit schönen Dingen beschäftigt habt und euch bei Tisch der Freude hingegeben habt, ohne es zu verbergen. Ich hielt deshalb vor meine Augen oft den mit Wein gefüllten Becher, damit meine Blicke nicht sehen mussten, wie ihr euch verhalten habt. Ach, mir stach euer beider Kuss wie ein Schwert mitten durch mein Herz. Immer wenn er sich in euren Schoß legte, wendete ich mich ab. Mein Herz vergoss heiße Tränen von tief empfundenem Unmut, die ich dann aber heimlich abwischen konnte. Ich verbarg stumm mein Leid, um zu verhindern, dass der Gastgeber merkt, dass ich euch und euer reines, hohes Leben lieben wollte. Oft seufzte ich tief und sah dann immer zu euch hin, ob ihr mich dort überhaupt wahrnehmt mit Herz und Augen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie groß der Schmerz war, den ich damals litt. Ich habe euch schon oft sehnsuchtsvolle Geschichten von der Liebe erzählt, um dafür zu sorgen, dass ihr euch von meinem Leid eine Vorstellung machen könnt. Mit all denen, von deren Liebesschmerz und Liebesnöten ich erzählt habe, mit denen meinte ich mich selbst und ich hätte euch gerne offenbart, dass mein Herze sich ganz und gar eurer Liebe hingegeben hat. Bloß haben die Geschichten bei euch so wenig bewirkt, dass eure Gedanken sich nicht mit meinen Geschichten beschäftigt haben. Liebe, edle und für ihre Schönheit gerühmte Dame, ich habe wegen euch einen Kampf durchleiden müssen, indem ich mich selbst angegriffen habe mit vielen Gedanken, um mich aus dem Strick der Sorgen zu befreien, damit mein Herz Ruhe und uneingeschränkte, hohe Freue finde. Meine Augen wandte ich wieder ab, wann immer ich sie zu lange auf euch gerichtet hatte. Auf diese Weise habe ich beständig versucht herauszufinden, ob mich das mehr verletze, wenn ich sie auf euch richte oder wenn ich euch nicht ansähe; und als ich dann mein Gesicht von euch abgewandt hatte und euch nicht anblicken wollte, tat mir das tausend Mal so weh als zuvor, als meine Augen euch angesehen hatten. So verstrickte und verwirrte sich mein Herz in großem Schmerz. Seht, Herrin, dieser Schmerz, unter dem ich durch euch gelitten habe, ist nur dadurch zustande gekommen, dass ihr so besonders schön seid. Wenn ich Freude finden und mein Leid überwinden soll, so muss sich eure strahlende Schönheit hier auf Erden verdunkeln, oder euer Einstellung muss noch sanft und gütig gegen mir werden. Entweder wird euer Begehren sich ein klein wenig bewegen oder euer reiner Anblick verändert sein helles Strahlen: eines von beiden muss passieren oder ich werde sterben müssen. Mein Trauern und mein liebendes Verlangen sind beide nicht gering; sie dringen mir ins Mark und ins Innerste meiner Seele. Meine tiefe Herzenswunde ist unendlich schmerzhaft. Ohne Zweifel wird mich dieses Land dauerhaft als Diener haben, denn entweder will ich hier begraben werden oder ich führe euch von hier fort. Ihr müsst hier zu meiner Dame und Ehefrau werden oder ich werden schnell und bald mein Leben verlieren. Wie kann ich euch so großes Leid verursachen, dass ihr mich hasst? Ihr müsst, seelige Herrin, daran denken – und bedenken –, dass der Gastgeber befohlen hat, sich um mich zu kümmern, als er von hier fortging. Er bat euch und und sagte euch, dass ich eurer Obhut überlassen sei. Nun ist es aber so, dass ihr mich nicht mögt, weil ihr mich wenig beachtet. Oh weh, dass nicht klar wird, dass Menelaus, euer Mann euch wenig an Freude gönnt, da es ihm derart an Treue fehlte, dass er euch einen fremden Gast, in eure Obhut gab. Wenn euch sein Herz auch nur ein wenig Treue und innerliche Beständigkeit entgegenbringen würde, dann, das könnt ihr mir glauben, hätte er mich fremden Mann nicht euren Händen übergeben und anvertraut. Glaubt mir, Herrin, ich sage die Wahrheit – euch gegenüber ist sein Herz nicht so rein und arglos wie ihr glaubt. Das merkt ihr genau und seht ihr daran, dass er das getan hat. Da wir nun beide viele Gelegenheiten zur süßen Liebe haben, ach, Herrin, Vergnügen meines Herzens, warum quält ihr mich dann noch länger? Ja, sorgt ihr nun dafür, dass ich von Sorgen befreit werde. Wir haben nun die Zeit und Möglichkeit, dass uns hier niemand stört. Wir werden nicht bewacht, denn der Gastgeber ist unterwegs und so sind wir hier vom schmalen, belauerten Weg abgekommen und hinweggefegt worden – befreit mich also vom Leid und erfüllt meine Hoffnung! Die Nacht, in der mein liebesbegieriger Wille an euch erfüllt wird, die wird für mich auf ewig schöner sein als der leuchtende Tag. Wenn ich es vermag, mein Herz abzukühlen und meine Gier zufriedenzustellen, dann bin ich glücklich hergeschifft und hergeeilt. Ihr werdet heimgeführt ohne jeden Kummer und ohne jede Gefahr. Und falls ihr euch wegen der Fahrt und wegen der Liebe schämt, dann lasst mich euch an mich reißen und euch räuberisch mit mir nehmen, damit eure Ehre unangetastet bleibt und ich jede Schuld auf mich nehme. Furcht und Scham sollt ihr lassen, denn ich führe euch jetzt auf der Stelle unter Schutz in das Land meines Vaters und in den Hafen seines Reiches. Ihr könnt ohne Angst sein, dass uns jemand daran hindert. Ihr wisst ja, dass Herkules die stolze Dyanira ihren Freunden raubte und wegnahm und sie so von ihnen wegführte, dass ihm niemand mit Schiffen folgte: Ebenso wird auch kein Mann gleich hinterjegen. Dass jemand uns erwischt, darüber mache ich mir gar keine Sorgen. Ihr sollt auch wissen, makellose Dame: Auch wenn das Heer aller Griechen hinter uns her über das Meer käme, würde man sie dort ganz entspannt erwarten, und gegen sie alle mit tapferen Händen kämpfen, denn im Land meines Vaters gibt es eine derart große Ritterschaft, dass man sich vor der großen Macht der Griechen kein bisschen ängstigen wird. Glaubt mir, Herrin, dass wir zwei dort nicht angegriffen werden. Wenn ihr bereit seid, von hier wegzugehen, werden wir von Leid für immer verschont bleiben. Jason führte Medea aus dem Land Kolchos, ohne auf der Fahrt durch Kampfesmühen und den Zorn ihres Vaters irgendwelchen Kummer erleiden zu müssen. Edle, Hochwohlgeborene! Wenn wir von hier weggehen, dann werden wir mit Ehren schnell heim geführt. Bevor man hier auch nur merkt, dass man euch geraubt hat, werden wir jenseits des Ufers angelangt sein und an Land gegangen sein. Euch wird dort reichlich Ehre zuteil werden und größere Höflichkeit und größerer Anstand, als ich, herrliche Dame, mit Worten ausdrücken kann, denn die Leute meines Vaters denken alle, dass ihr eine neue Fee seid und eine wunderbare Göttin, deren Leben und Antlitz angebetet werden muss, mehr als alle Frauen auf Erden.‹ |
Helenas Abweisung
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| Helêne von den worten wart sêre z’allen orten beswæret in ir muote, wan diu vil reine guote begunde sich der rede schamen. swie vaste si den lobesamen getriuwelichen meinte, doch wart diu wol gereinte betrüebet durch die bete sîn. diu tugenthafte künegîn wart in trûren dô geleit. si twanc wîplîchiu blûcheit dar ûf, daz si beswærde truoc. ir ougen si dâ nider sluoc vil schemelichen unde sweic. daz bluot ir in ir varwe seic und wart alsô gemischet drîn, daz ir antlitze als ein rubîn wart durliuhteclichen rôt. antwürte si Pârîse bôt der rede kûmeclichen dô. diu schœne diu begunde alsô lancseime sprechen wider in: ›ich hân dar zuo ze kranken sin und ist ze tump dar ûf mîn leben, daz ich antwürte künne geben der starken tegedinge, diu mir ein misselinge ist an mîner wirde breit. ez ist ein grôz getürstekeit, daz ir mit rede grîfent an mich unde mînen werden man, den ich muoz triuten iemer mê. daz unser liuterlîchen ê wil ein gast betrüeben, des muoz ich trûren üeben und ist mîn swære manicvalt. wer hiez iuch werden alsô balt, daz unser zweiger êre wirt von iu gar ze sêre geswachet an uns beiden? nû sint ir doch bescheiden unde an allen dingen wîs. war umbe welt ir mînen prîs hie machen wandelbære? mîn liumet und daz mære, daz von mir fliuget über lant, sint lûter unde reine erkant, als wîbes êren wol gezimt, dâ von mich iemer wunder nimt, wer iuch dar ûf gewîset habe, daz ir getürrent brechen abe mîn lop mit worten vrevelich. ir wænet lîhte, daz ir mich gezücken mügent von hinnen und ir mich sult gewinnen, als mich gewan her Thêseus. nein, herre, ez mac iu niht alsus ergân als im, entriuwen. in was zehant geriuwen, daz er mich nam in roubes wîs, dâ von er sîner tugende prîs und sîne zuht an mir begie, sô daz er mich her wider lie gar âne missewende. von sîner frechen hende mîn kiusche niht berüeret wart. sîn werder lîp von hôher art dekeines dinges mich betwanc, wan daz ich über mînen danc geküsset wart ein cleine. vor allem wandel reine sante er mich her wider hein, des wærent ir niht über ein sô rehte willeclîche komen. wær ich alsô von iu genomen, ir hæten anders mir getân. ine wære niht von iu verlân, als ich von im verlâzen wart, und ist er doch von rîcher art und michels hœher, danne ir sît. sîn lop gât für iuch alle zît, als ich von sage wol vernime. ob iu gelünge baz dann ime an mîme lîbe wunneclich, daz müeste iuch iemer unde mich dur wâre schulde riuwen, sît daz er wolte erniuwen an mir sîn reine zuht und er mich âne minne fruht lie von im scheiden bî der zît. war umbe solte ich denne sît sô lîhte erfüllen iuwer gir? mich wundert, daz ir muotent mir, daz ich end iuwer zuoversiht: doch ist ez ein unbilde niht, daz iuwer herze minnet mich. bin ich sô rehte wunneclich und alsô lûterbære, als al diu welt ze mære seit von mînem bilde, son ist daz niht ein wilde sache und ein seltsænes dinc, ob ein bescheiden jungelinc sent nâch mîner minne sich. diu niht sô schœne wære als ich, man lite jâmer umbe ir lîp, dâ von wær ich ein tumbez wîp, wolt ich verbieten iu, daz ir ein holdez herze truogen mir. Mich dunket ungefüege niht, daz an mir iuwer zuoversiht mit ganzer stætekeite lît. ob ir mir holt von herzen sît, daz lâze ich allez hine gân, daz iu dar umbe wirt getân dekeiner slahte minne kunt. mir hât entslozen iuwer munt mit worten hie ze rehte, daz iuwer hôch geslehte vil edel unde rîche sî. swie gar ez nû von adel frî und von gebürte schîne, doch sint diu friunde mîne vil gar an êren im gelîch. mîn werdez künne ist alsô rîch, als iuwerz, des bin ich sîn wer. mîn vater ist her Jûpiter, der allen edeln küngen obt. der werde got vil hôch gelobt ist iu sô nâhe sippe niht, swie man doch sprichet unde giht, daz er iuwer neve sî. vil werder gast, dâ spür ich bî, daz ich als edel bin, als ir. verwîsen dürfent ir niht mir die mâge und daz geslehte mîn. ich bin von art ein künegîn in mîner lande creizen. ir hânt mir ouch geheizen vil rîcheit unde guotes, nû bin ab ich des muotes, daz ich sîn ruoche cleine. daz golt und daz gesteine, daz iuwer lant geleisten kan, daz siht mîn herze lützel an, wan ich niht ahte ûf iuwer guot. hæt ich den willen und den muot, daz ich wolt enden iuwer gir, sô wære daz vil lieber mir, daz ir mir sint von herzen holt, dann alle gülte und allez golt, daz ieman künde mir gegeben. mich dûhte bezzer iuwer leben und iuwer lîp, dann iuwer habe.
| Helena war von den Worten in ihrem Innern tief getroffen, denn die Schöne und Gute begann, sich für die Worte zu schämen. Zwar liebte sie den Lobenswerten treu und beständig, doch war die Makellose durch seine Bitte betrübt. Die tugendhafte Königin wurde dadurch in Trauer versetzt. Die weibliche Schüchternheit zwang sie dazu, dass sie Kummer und Leid zeigte. Ihre Augen richtete sie aus Scham zu Boden – und schwieg. Das Blut stieg ihr ins Gesicht und vermischte sich dort so, dass ihr Anlitz wie ein Rubin ganz rot leuchtete. Nur mit Mühe antwortete sie dann. Die Schöne begann folgendermaßen ganz langsam zu ihm zu sprechen: ›Ich bin geistig gar nicht dazu in der Lage, dass ich Antwort geben könnte auf die starken Unterstellungen, die meinem großen Ansehen schaden. Es ist eine große Frechheit, dass ihr mit eurer Rede mich und meinen werten Mann angreift, den ich immer lieben werde. Dass ein Gast unsere reine Ehe beschmutzen will, darüber muss ich Trauer tragen, und mein Kummer und meine Last sind vielfältig. Wer wies euch an, so mutig zu werden, dass unser beider Ansehen, durch euch auf übelste Weise und an uns beiden getrübt wird? Ihr seid doch vernünftig, kennt euch aus, seid in vielerlei Hinsicht weise. Warum wollt ihr hier meinem Ansehen schaden? Mein Ruf und auch die Erzählungen über mich, die sich wie im Flug durch alle Länder verbreiten, sind makellos und rein, so wie es sich für das Ansehen einer Frau gehört, sodass es mich sehr wundert, wer euch hat glauben machen, dass ihr mit übermütigen Worten mein Ansehen schädigen könnt. Mag sein, dass ihr glaubt, dass ihr mich von hier wegbringen könnt und mich so erobert, wie mich Theseus erobert hat. Nein, Herr, es wird euch nicht so ergehen wie ihm, das könnt ihr mir glauben. Er bereute alsbald, dass er mich geraubt hat. Deshalb bewies er an mir seine Tugend, seine Ehre und seinen Anstand, indem er mich wieder gehen ließ ganz ohne Schaden und Schande. Seine kühnen Händen rührten meine Reinheit und Keuschheit nicht an. Sein ehrenvoller, edler Körper zwang mich zu keinen Sachen – außer, dass ich gegen meinen Willen ein wenig geküsst wurde. Ohne mir etwas getan zu haben, schickte er mich wieder heim, wozu ihr euch wohl nicht entschlossen hättet. Wäre ich also durch euch entführt worden, ihr hättet euch mir gegenüber anders verhalten. Ich glaube nicht, dass ihr mich hättet weggehen lassen, so wie er mich hat gehen lassen, und das, obwohl er doch von hoher Abkunft ist, weit höher als ihr es seid. Sein Ansehen wird, das weiß ich aus Erzählungen über ihn, das eure immer überragen.
Wenn ihr mit meinem schönen Körper mehr anstellen würdet, dann müsstet ihr – und müsste auch ich – das ernsthaft bereuen, zumal doch er mir gegenüber seinen großen Anstand bewiesen hat und mich damals ohne Kind im Leib von ihm gehen ließ.
Warum sollte ich mich denn dieses Mal so leicht eurem Verlangen beugen? Mich wundert es, dass ihr von mir verlangt, dass ich eure Hoffnung erfülle – auch wenn es keine Überraschung ist, dass ihr mich von Herzen liebt.
Wenn ich so überaus bezaubernd und auch so makellos bin, so wie es die ganze Welt von meiner Schönheit erzählt, dann ist das nicht überraschend und auch nicht seltsam, dass ein kluger junger Mann sich nach meiner Liebe verzehrt.
Selbst bei einer Frau, die nicht so schön wäre wie ich, würde man wegen ihr leiden; dementsprechend wäre ich eine naive Frau, wenn ich euch verbieten wollte, mich zu lieben. Es ist keineswegs befremdlich, wie mir scheint, dass eure Hoffnung zäh und treu auf mich gerichtet ist.
Doch auch wenn es sein mag, dass ihr mich liebt, werde ich euch nicht schon deshalb ebenfalls Liebe entgegenbringen.
Mit euren Worten habt ihr mir gerade offenbart, dass ihr edel, mächtig und von hoher Abstammung seid.
Doch auch wenn eure Abstammung in Sachen Adel und Geburt besonders frei und hochstehend zu sein scheint, ist meine Verwandtschaft an Ansehen der euren gleich. Meine edle Verwandtschaft ist so mächtig wie eure, das könnt ihr mir glauben, denn mein Vater ist Herr Jupiter, der alle edlen Könige überragt.
Der edle, hochgelobte Gott ist mit euch nicht so nah verwandt, auch wenn man sagt und erzählt, dass er euer Onkel sei.
Daran, hoher, angsehener Gast, erkenne ich, dass ich so edel bin wie ihr. Es gibt keinen Grund, mir meine Blutsverwandschaft und meine Herkunft abzusprechen und sie herabzuwürdigen.
In meiner Heimat bin ich eine geborene Königin.
Außerdem habt ihr mir viel Reichtum und Güter versprochen. Nun ist es aber so, dass ich nichts davon will. Das Gold und die Edelsteine, die euer Land mir geben können, das interessiert mich nicht, weil mir euer Besitz egal ist.
Hätte ich den Willen und die Absicht, eurer Verlangen zu erfüllen, dann wäre es mir viel lieber, dass ihr mich liebt, als alles Geld und alles Gold, das mir jemand geben könnte. Euer Leben und ihr selbst, das wäre mir lieber als euer Hab und Gut.
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