13170
owê der meintæte,
daz man dich sus ermürdet hât!
ach got, daz dîner tugende rât
und dîn êre sî gelegen!
ich weiz wol, hôchgelopter degen,
13175
daz dû dich wertest harte,
ê dich dîn widerwarte
gar sigelôs getæte.
ob niht daz alter hæte
daz ellent dîn geswachet,
13180
sô müeste sîn erkrachet
vor dîner hende manic man,
ê man dich tôten hæte dan
gefüeret von der heide.
ob ie mit tôdes leide
13185
durgründet wart kein herze,
sô lît tœtlicher smerze
versigelt tiefe in mîner brust.
vil gar ze strenge ist diu verlust,
diu mich beswæret mit ir kraft.
13190
ach, ûz erweltiu ritterschaft
von Troye, wie bist dû gedigen!
wie siht man dich zerhouwen ligen
und zerstücket hiute!
owê lant unde liute,
13195
war umbe hân ich iuch verlorn?
hey, werden frouwen hôchgeborn,
waz gêt iuch grimmes jâmers an
umb iuwer herzelieben man,
die tôt vor iu gelegen sint.
13200
ach, künges tohter und ir kint,
wie sint ir sus verweiset gar.
ir stolzen megde wunnevar,
waz ist iu leides hie geschehen?
daz ich sol iuwer jâmer sehen
13205
und iuwer marterlichen clage,
des muoz ich alle mîne tage
in herzeleide werden grâ.
hey, swester mîn Esyonâ,
ein bluome ob allen wîben,
13210
wie sol ich vrô belîben,
swenn ich gedenke der getât,
daz man dich sus gezücket hât
in roubes wîs von hinnen?
ich muoz dur dich gewinnen
13215
tœtlichez leit besunder.
ez ist ein vremdez wunder,
daz ich ersterben niht enkan.
der alsô manigen werden man
verlüre, als ich verloren habe,
13220
der zæme baz in eime grabe,
denn er ûf erden solte leben.
mir ist der überfluz gegeben
ob allem herzesêre,
sît daz ich hân mîn êre
13225
verloren und den vater mîn,
der als der clâren sunne schîn
durchliuhtic was an triuwen.
sîn leben sol mich riuwen
dur manger hôhen tugende lôn.
13230
vil werder künic Lâmedôn,
daz ich niht tôt bî dir gelac!
owê, daz ich niht sterben mac
von endelôser herzeclage!
die göte wellent, daz ich trage
13235
des bitterlichen tôdes nôt,
ob ich niht reche dînen tôt
und mîne werden ritter.
ich sol ir schaden bitter
mit herzen und mit handen
13240
sô willeclichen anden,
daz man wol hœret unde siht,
daz ich ir veigen ungeschiht
ungerne hân befunden.
Oh weh, welch grauenvolle Tat,
dass man dich so ermordet hat!
Ach Gott, dass der Rat deiner Tugend und
deine Ehre ein Ende gefunden haben.
Ich weiß genau, hochgelobter Held,
dass du dich tapfer gewehrt hast,
ehe dich dein Gegner
überwältigt hat.
Wenn das Alter deine Tapferkeit
nicht geschwächt hätte,
so müssten deine Hände
viele Männer erschlagen haben,
bevor man dich tot
von der Heide hätte führen können.
Wenn je zuvor ein Herz
so mit Leid erfüllt war,
dann liegt tödlicher Schmerz
tief versiegelt in meiner Brust.
Viel zu gewaltig ist der Verlust,
der mich so sehr betrübt.
Ach, auserwählte Ritterschaft
von Troja, wie bist du zugerichtet!
Wie sieht man dich heute zerschlagen
und zerstückelt liegen!
Oh weh, Land und Leute,
warum habe ich euch verloren?
Oh, geschätzte hochgeborene Damen,
was seid ihr so erfüllt von schrecklicher Trauer
um eure geliebten Männer,
die tot vor euch liegen.
Ach, Königstochter und Kinder,
wie seid ihr so zu Waisen gemacht worden.
Ihr stolzen, wonnevollen Edelfrauen,
was ist euch hier an Leid geschehen?
Dass ich euren Jammer ansehen
und eure qualvollen Klagen anhören muss,
dessen muss ich für den Rest meines Lebens
in Herzeleid grau werden.
Oh, meine Schwester Esyona,
eine Blume unter allen Frauen,
wie soll ich fröhlich bleiben,
wenn ich der Tat gedenke,
dass man dich derart ergriffen hat,
in räuberischer Art von hinten?
Ich muss, um deinetwillen
so viel tödliches Leid erfahren.
Es ist ein außergewöhnliches Wunder,
dass ich nicht sterben kann.
Wer so viele tapfere Männer verlieren würde,
wie ich verloren habe,
der würde besser in ein Grab passen
als auf der Erde zu leben.
Mir ist so eine Fülle
an Herzeleid gegeben,
seitdem ich meine Ehre
und meinen Vater verloren habe,
der durchleuchtet war von Treue
wie heller Sonnenschein.
Sein Verlust soll mich in Betrübnis versetzen,
welche durch große Ehre belohnt wird.
Geliebter König Lamedon,
dass ich nicht tot bei dir liege!
Oh weh, dass ich nicht sterben kann
von endloser Herzensklage!
Die Götter wollen, dass ich
die Not des bitterlichen Todes ertrage,
wenn nicht ich deinen Tod
und den meiner werten Ritter räche.
Ich muss ihren bitteren Schaden
mit Herzen und mit Händen
so bereitwillig strafen,
dass man wohl hört und sieht,
dass ich ihr tödliches Unglück
verurteile.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen