Montag, 30. November 2015

4071-4080

der schœnste, den man ie gesach.
si truogen bitter ungemach;
wan in von kampfe wart sô heiz,
daz in der angestbære sweiz
dur die stahelringe flôz.
reht als ûf einen anebôz
getengelt wirt von eime smide,
sus wart von in zwein âne vride
geslagen ûf die schilte glanz,
die von ir henden manigen schranz

den schönsten, den man jemals gesehen hat.
Sie hatten bittere Unannehmlichkeiten zu schultern,
denn ihnen wurde vom Kämpfen so heiß,
dass ihnen der angesterfüllte Schweiß
durch die Stahlringe floss.
Ganz so wie auf einem Amboss
von einem Schmied gehämmert wird,
so wurde von ihnen beiden ohne Waffenruhe
auf die glänzenden Schilde geschlagen,
die von ihren Händen so manche Scharte

Freitag, 20. November 2015

4061-4070

dô wart sîn herze des ermant,
daz er sich warf dar abe zehant
und ûf den plân ze fuoze kam.
daz ors vrech unde lobesam
liez er belîben under wegen
und îlte ûf Pêleum, den degen,
der gegen im spranc unde schreit.
si wâren ûf dem plâne breit
beide von den orsen komen:
des wart ze fuoze ein strît vernomen,

da spornte ihn sein Herz dazu an,
dass er sogleich hinab sprang
und zu Fuß auf den Kampfplatz kam.
Das tapfere und lobenswerte Pferd
ließ er stehen
und stürmte zu Peleus, den Kämpfer,
der auf ihn zu sprang und beharrlich näher kam.
Beide waren sie auf dem breiten Kampfplatz
von ihren Pferden heruntergekommen,
deshalb hat man einen Kampf zu Fuß gehört,

[Mit »schrîten« dürfte hier vor allem die Beharrlichkeit und Gleichmäßigkeit das Vorwärtsgehens betont werden. Der letzte Vers ist mir nicht ganz klar; wird hier in eine Beobachterperspektive gewechselt?]

Donnerstag, 19. November 2015

4051-4060

dâ von ez hinder sich entweich,
dô man im alsô manigen streich
an drüzzel und an ougen sluoc.
ungerne ez in dô fürbaz truoc
an Pêleum den werden,
der ûf des plânes erden
sich werte vrevelichen dô.
nû daz Hector sus noch sô
mohte ûf in daz ors gejagen
und ez niht wolte in zuo im tragen,

deshalb wich es zurück,
als man ihm so manchen Schwertstreich
an Schnauze und Augen schlug.
Es trug ihn ungern vorwärts
gegen Peleus, den Angesehenen,
der sich da auf der Erde des Kampfplatzes
tapfer wehrte.
Als es nun Hector mit keinen Mitteln
mehr gelang, das Pferd auf ihn zu jagen
und es ihn nicht zu ihm tragen wollte,

[»sus noch sô« lässt sich bestimmt besser übersetzen…]

Mittwoch, 18. November 2015

4041-4050

sô müeste er sîn gelegen tôt.
daz swert er ie dem orse bôt
engegen, swenne ez ûf in dranc
und tet im alsô manigen swanc
zen ougen und sô manigen stich,
daz ez begunde hinder sich
entwîchen unde dringen
und ez für sich getwingen
Hector niht mohte, als ich ez las.
daz ors ein wênic schiuhe was,

so hätte er tot zu Boden gehen müssen.
Das Schwert reckte er stets dem Pferd
entgegen, wann immer es ihn anritt
und er versetzte ihm so manchen Schlag
gegen die Augen und gar manchen Stich,
so dass es begann, zurückzudrängen
und zurückzuweichen –
und Hector war, wie ich gelesen habe,
nicht in der Lage, ihm seinen Willen aufzuzwingen.
Das Pferd war ein wenig scheu,

Dienstag, 17. November 2015

4031-4040

ûf die wîte dort hin dan;
dô reit in Hector aber an
und wolt in slahen mit gewalt,
des werte sich der kempfe balt.
Swaz er des schiltes dennoch truoc,
daz hielt er für sich unde sluoc
dem kampfgenôzen sîn engegen,
der ûf in dâ mit swertes slegen
wolte gerne hân gebert.
het er sich balde niht gewert,

in den freien, offenen Raum entwischt –
da ritt ihn Hector erneut an
und wollte ihn mit aller Kraft treffen;
dagegen wehrte sich der mutige Kämpfer.
Alles, was er zu diesem Zeitpunkt noch an Schild hatte,
das hielt er vor sich und schlug
nach seinem Kampfgenossen,
der dort gerne mit Schwüngen des Schwertes
auf ihn einschlagen wollte.
Hätte er sich nicht sogleich gewehrt,

Montag, 16. November 2015

4021-4030

vür sîn ougen im dâ wiel.
er strûchte für sich unde viel
zuo der plânîe tôt dernider.
Hector daz swert vil kûme wider
ûz dem kopfe dâ gezôch.
waz tet dô Pêleus? er flôch
ab dem tôten orse enwec.
der kempfe biderbe unde quec
warf sich ûz dem satelbogen
und hete schiere sich gezogen

vor seine Augen.
Es strauchelte, sank hinab und fiel
auf den Kampflatz tot zu Boden.
Hector hatte da das Schwert mit Mühe wieder
aus dem Kopf gezogen.
Was tat dann Peleus? Er flüchtete,
weg von dem toten Pferd.
Der mutige und tüchtige Kämpfer 
warf sich aus dem Sattel
und wäre sogleich

[Müsste man »satelbogen« mit einem Spezialbegriff übersetzen?]

Donnerstag, 12. November 2015

4011-4020

ab sînem schilte nider spranc
und daz swert dem orse dranc
in sînen schedel hin zetal.
durch tehtier und durch hirneschal
vil tiefen ganc ez dâ begreif;
wan ez sô vaste nider sleif,
dô der schilt den slac enphienc,
daz sîn vil scharpfiu snîde gienc
dem orse guot durch sînen gebel.
dâ von des heizen bluotes nebel

von seinem Schild zu Boden splitterte
und das Schwert gen Erdboden
in den Schädel des Pferdes stieß.  
Durch den Kopfschutz des Pferdes und durch
die Hirnschale nahm es da seinen gar tiefen Weg –
denn es glitt so weit hinab,
als der Schild den Schlag empfieng,
dass seine überaus scharfe Schneide
dem Pferd glatt durch seinen Schädel ging.
Deshalb strömte da der Nebel des heißen Blutes

Mittwoch, 11. November 2015

4001-4010

gehouwen daz cleinœte wart.
die künige junc von hôher art
nû daz si lange alsus gestriten
und doch ir verhes niht versniten,
dô kam ez von geschiht alsô,
daz Hector, der küene, dô
nâch hôhem prîse tiefe gruop.
daz swert er mit der hende ûf huop
und sluoc ez dar ûf Pêleum
sô vaste, daz ein michel drum

wurden die Kostbarkeiten abgeschlagen.
Die Könige – jung, aus vornehmen Geschlecht –;
als sie lange derart gekämpft hatten
und sich dennoch nicht verletzt hatten,
da passierte es unwillkürlich,
dass plötzlich Hector, der mutige, 
für hohes Ansehen tief schürfte:
Hoch hob er das Schwert mit der Hand
und schlug es hinab auf Peleus –
so kräftig, dass ein großes Stück

Dienstag, 10. November 2015

3991-4000

an der bluomen stat gesât,
daz ab der küniclichen wât
geschrôten wart mit nîde.
der purper und diu sîde
wurden sêre engenzet.
ir wâpencleit zerschrenzet
wart von swertes orten.
die wol gesteinten borten
dâ vielen zuo dem melme;
von ir zweiger helme

an die Stelle der Blumen gesät;
das wurde von der königlichen Kleidung
mit Hass abgehauen.
Der Purpur und die Seide
wurden ungemein verwüstet.
Ihre Wappenkleider wurden von
Schwertspitzen zerrissen.
Die schön mit Edelsteinen besetzten
Kanten der Stoffe fielen dort in den Staub;
von ihren beiden Helmen

Montag, 9. November 2015

3981-3990

daz nie gevâhten zwêne man
sô strîteclîche ein ander an,
sam si dô tâten beide.
si mahten ûf der heide
gras in dem ringe tiure.
swaz Meige ûf die plâniure
bluomen hete dô gezetet,
die wurden von in zwein vertretet
und von ir snellen orsen vrech.
doch wart von golde manic blech

dass niemals zwei Männer
so streiteifrig aufeinander losgingen
wie es dort die beiden taten.
Sie sorgten dafür, dass in dem Kreis
auf der Heide das Gras Seltenheitswert hatte.
Was auch immer der Mai auf die Aue
an Blumen ausgestreut hatte,
die wurden von ihnen beiden zertreten
und von ihren schnellen, kühnen Pferden.
Allerdings wurde manches goldene Blech

Dienstag, 3. November 2015

3971-3980

wan in wart vil heiz getân.
ab den schilten manic spân
wart geströuwet ûf die wisen,
dar ûz erwelte steine risen
und edel golt durliuhtic rôt.
si tâten beide ein ander nôt
mit scharpfen swerten liehtgevar,
des nâmen die götinne war
mit vlîzeclichen ougen.
diu rede ist âne lougen,

denn sie wurden zu großer Hitze angetrieben.
Von den Schilden wurde mancher Holzspan
auf die Wiese verstreut,
daraus fielen erlesene Edelsteine
und edles, ganz rotglänzendes Gold.
Sie brachten sich beide in Nöten
mit scharfen, hellstrahlenden Schwertern.
Das nahmen die Göttinnen
mit aufmerksamen Augen wahr.
Es ist keine Lüge, zu sagen,

Montag, 2. November 2015

3961-3970

ûz dem gesmîde sprungen.
ir slege lûte erklungen
ûf berge und in die lüfte.
nâch hôher sigenüfte
stuont ir wille und ir gedanc.
Hector nâch liehtem prîse ranc,
daz selbe tet ouch Pêleus.
nû dar, nû dan, nû sô, nû sus
kêrten si des strîtes kampf.
von den orsen rouch ein tampf,

aus dem Metall sprangen.
Ihre Schläge erschallten laut
gen den Bergen und in die Lüfte.
Auf einen großen Triumph
waren ihr Wille und ihre Gedanken gerichtet.
Hector bemühte sich um einen strahlenden Sieg
und genau das tat auch Peleus.
Jetzt hin, jetzt her, jetzt dies, jetzt das –
so führten sie das Zweikampf-Aufeinandertreffen.
Von den Pferden dampfte Rauch auf,