Mittwoch, 15. Januar 2014

21-30


der keiser und daz rîche,
dur daz nie sîn gelîche
wart under manigem steine.
sît man gimmen reine
dar umb ie künde triuten,
daz si niht al den liuten
wol veile sint, sô diuhte mich
gevellic unde mügelich,
daz guot getihte wære
ze hove niht unmære

der Kaiser und das Reich stets sehr hoch,
weil es einen solchen Edelstein
unter all den Steinen kein zweites Mal gab.
Da man schöne Edelsteine
deshalb stets zu verehren weiß,
weil sie nicht für alle Leute
leicht zu erwerben sind, so scheint es mir
angenehm und möglich,
dass eine gute Erzählung
am Hof nicht geringgeachtet werde

[Das »getiht«, das bereits im 4. Vers vorkommt, wird hier mit »kunstvoller Erzählung« übersetzt, weil die entsprechenden neuhochdeutschen Wörter (»Gedicht«/»Dichtung«) zahlreiche, mitunter emphatische Konnotationen mit sich bringen; Konnotationen, die ich vermeiden möchte. Lexers Handwörterbuch schlägt für »getiht(e)« vor: schriftliche Aufzeichnung; Gedicht, insofern es schriftlich aufgesetzt ist; Erdichtung; Lüge; Dichtkunst; Kunstwerk.]

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