Mittwoch, 5. Februar 2014

181-190

ir ambet niht verbieten.
ich wil und muoz mich nieten
getihtes als die wîle ich lebe:
ze lône und z’einer hôhen gebe
mir selben üebe ich mîne kunst.
dur waz verbære ich die vernunst,
diu dicke und ofte fröuwet mich?
ob nieman lepte mêr, denn ich,
doch seite ich unde sünge,
dur daz mir selben clünge


ihre Aufgabe nicht verbieten.
Ich will und muss mich, so lange ich lebe,
um kunstvolles Erzählen bemühen.
Mir selbst zum Lohn und als hohe Gabe
übe ich mein Kunstfertigkeit aus.
Weshalb sollte ich auf das, was ich kann, verzichten,
wenn es mich oft und öfters erfreut?
Selbst wenn niemand außer mir mehr am Leben wäre,
würde ich erzählen und singen,
so dass für mich selbst


[Ich übersetze »ambet« – also das »Amt« – mit »Aufgabe«, weil es sich im Mittelhochdeutschen um eine eingeführte Redeweise handelt (vgl. Wolfram von Eschenbach, »Parzival« (115,11): schildes ambet ist mîn art), die heute nicht mehr ohne Weiteres verständlich ist. Für das Hendiadyoin »dicke und ofte« setze ich »oft und öfters« – da ich kein passendes (und gängiges) Hendiadyoin im Neuhochdeutschen kenne. »vernunst« meint »Vernunft«, »Einsicht« und auch »Kenntnis«.]

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